Als einzige der alten burgerlichen Gesellschaften liegt der Ursprung der Gesellschaft zum Distelzwang nicht in einer Handwerkervereinigung, sondern in zwei alten «Adelsstuben», die schon im 15. Jahrhundert vereinigt auftreten. Über die frühere Geschichte ist urkundlich nichts überliefert, aber bei den beiden Namen «Zum Distelzwang» und «Zum Narren» dürfte es sich um Hauszeichen gehandelt haben. Das heutige Doppelwappen der Gesellschaft zeigt nebeneinander einen Distelfink und einen Narrenkopf (der Hofnarr galt vielerorts als Adelsemblem). Aufschlussreicher sind aber die seit 1453 überlieferten Stubenrödel, welche die Namen der verburgrechteten hohen Adeligen, der geistlichen Herren, der alten Familien und nahezu aller höheren Amtsträger der Stadt enthalten. Daraus ergibt sich klar das Bild einer «Gesellschaft der Vornehmen».
Distelzwang
Besonderheit Doppelmitgliedschaft
Die Mitglieder (Stand Juni 2024: rund 570) durften neben dem Distelzwang auch einer zweiten Gesellschaft angehören – etwas, was unter den eigentlichen Zünften nicht gestattet war. Diese Freizügigkeit spielte in beiden Richtungen: Adelige Distelzwang-Angehörige suchten aus politischen Gründen den Anschluss an eine Vennerzunft* (Pfistern, Schmieden, Metzgern, Gerwern). Erfolgreiche Gesellschaftsangehörige dagegen lockte das gesellschaftliche Prestige der alten Adelsstube. Seit dem frühen 15. Jahrhundert ist die Gesellschaft zum Distelzwang und Narren Besitzerin des Hauses an der Gerechtigkeitsgasse 79 bzw. an der Junkerngasse 56.
*Die Mitglieder dieser Gesellschaften durften zwei Behördenabgeordnete stellen. Zudem wurden aus diesen vier Gesellschaften vier hohe Militär- und Finanzbeamte erkoren, so genannte Venner.