Wertvolles Engagement, das Freude macht
TEXT: PASCAL MATHIS / TITELBILD: LISA SCHÄUBLIN (NMBE)
Zu Beginn eine Zahl: 665 Millionen. So viele Stunden Freiwilligenarbeit werden jährlich in der Schweiz geleistet, wie das Bundesamt für Statistik für 2013 ermittelt hat. Zum Einordnen: Im gesamten Gesundheits- und Sozialwesen wurden im selben Jahr 853 Mio. Stunden bezahlt gearbeitet. Die ehrenamtliche Tätigkeit in der Verwandtschaft, im Verein oder sonst wo ist also alles andere als vernachlässigbar. Eigentlich sogar ein Wirtschaftsfaktor.
Doch wer sind die oft treuen Seelen, die sich der Gesellschaft zur Verfügung stellen? «Insgesamt etwas mehr Männer als Frauen», sagt Doris Widmer, Geschäftsleiterin von benevol Bern, der gemeinnützige Verein, der interessierte Freiwillige an Vereine und Organisationen vermittelt. Die Männer sind vor allem in den Bereichen Sport und Kultur engagiert, erläutert Widmer. «Die Frauen sind dafür deutlich stärker in der Betreuung und der Nachbarschaftshilfe vertreten.»
Die Lust, Sinnvolles zu leisten
Vielfach seien sich die Frauen ihres Engagements gar nicht richtig bewusst. Kochen für Nachbarskinder, Enkel hüten oder mit Pflegebedürftigen spazieren zu gehen würden sie oft gar nicht als freiwillige Tätigkeit bezeichnen. Die Motivation, überhaupt Freiwilligenarbeit zu leisten, ist so unterschiedlich, wie die Menschen, die es tun. Doris Widmer kennt die häufigsten Antriebe:
• etwas Sinnvolles tun
• direkte Anerkennung («etwas, das im bezahlten Job häufig fehlt»)
• Kompetenzerwerb – etwa, um sich auf eine Berufslaufbahn vorzubereiten
• Einbringen von Kompetenzen («Ältere wollen oft etwas zurückgeben»)
Ergänzung statt Ersatz
Bei solch verbreitetem Engagement besteht die Gefahr, dass Freiwillige auch ausgenutzt werden können. «benevol» stellt darum klare Empfehlungen, wenn Personen vermittelt werden. Die Arbeit Freiwilliger sollte nicht mehr als 6 Stunden pro Woche (im Jahresdurchschnitt) ausmachen. Zudem sollte eine Qualitätsverbesserung entstehen, etwa durch ein zusätzliches Angebot wie das Betreuen bedürftiger Menschen, Hecken pflanzen oder Unterstützung in Deutsch-Konversation für geflüchtete Menschen.
Neben Wertschätzung steht und fällt die Arbeit für Doris Widmer aber vor allem mit der Freude: «Es muss ganz einfach auch Spass machen! Erst dann schenkt jemand gerne seine Zeit.»
Porträts zum Thema:
«Von der Freude, Freude zu bereiten»
«Öpperem öppis Guets tue»
«Für mi isch es e Glücksfall, hie derbi z’si!
«Äs ‹Finger wäg› gits hie nid!»