Von Illustrationen, die Geschichten erzählen
Eine Einladung für einen Anlass, Glückwunschkarten für Mitarbeitende oder Etiketten für Give-aways: Was nicht ins Auge sticht, fällt nicht auf. Die Burgergemeinde Bern ermöglicht jungen Künstlerinnen und Künstlern jeweils während eines Jahres, Drucksachen zu bereichern. Vergangenes Jahr kam «Hyperraum» zum Zug – ein Atelier für Grafikdesign und Illustration aus Biel. Das Duo, bestehend aus Tobias Aeschbacher (rechts) und Vincent Grand, hat sich im Bereich des visuellen Storytellings spezialisiert. Es versteht es gekonnt, die Geschichte hinter einem Projekt und Produkt zu entdecken und zu erzählen.
Zum Abschluss des Auftrags erhält «Hyperraum» nun die Möglichkeit, seine Werke im Burgerspital auszustellen. Ab sofort bis und mit 17. September 2020 (MO-FR von 8-18 Uhr) im Foyer des Burgerspitals am Bahnhofplatz 2 (Seite Berner Generationenhaus). Kartensujets und Bücher von Hyperraum können vor Ort bestellt werden.
Sie konnten lang für die Burgergemeinde Bern eine Reihe von Illustrationen gestalten. Welches Sujet blieb am besten in Erinnerung?
Tobias Aeschbacher: Für die Einladung zu einem Fest mit Essen wählten wir das Abendmahl als Sujet. Während dem Erstellen stand für uns der religiöse Hintergrund der berühmten da-Vinci-Vorlage aber gar nicht im Zentrum. Es ging uns einfach ums Zusammensein und ums Essen an diesem Anlass, zu dem eingeladen wurde. Aber das Sujet soll dann bei den Empfängern der Einladung zum Teil einige Diskussionen verursacht haben…
Haben Sie mit den Sujets auch ein Ziel verfolgt?
Vincent Grand: In unseren Arbeiten für die Burgergemeinde zog sich eigentlich ein Weg durchs Ganze. Wir haben uns vorgenommen, so gut es geht das Thema Veränderung reinzubringen. Beim Aufklappen einer gefalteten Karte zum Beispiel sollte am Anfang, beim Auffalten und bei der fertig aufgefalteten Karte etwas «passieren».
Tobias Aeschbacher: Storytelling spielt bei uns fast immer eine Rolle. Wir zeichnen gerne etwas, das einem auch etwas erzählt; eine Geschichte, die im Kopf dazu abläuft. Für mich darf gerne auch ein Witz oder etwas Originelles in einer Illustration verpackt sein.
Vincent Grand: Tobias macht auch Comics, ich erstelle eher einzelne Illustrationen. Aber auch bei einzelnen Bildern lassen sich Geschichten einbauen, die man beim Betrachten versteht. Und wenn es kein Auftrag ist, tauchen bei meinen Arbeiten gerne auch mal politische Andeutungen auf.
Wie entsteht ein Sujet? Einfach so drauflos illustrieren geht ja wahrscheinlich nicht…
Vincent Grand: Mir bringt es nicht viel, wenn ich mich zu tief in ein Thema einlese. Am Schluss soll das Sujet für alle verständlich sein. Der Betrachter oder die Betrachterin soll das Bild einfach verstehen können. Zu viel reinpacken, das man interpretieren könnte, bringt es nicht. Beim Osterbott beispielsweise wählte ich die Osterglocke, die von der Zwiebel, über die geschlossene bis zur offenen Blüte zu sehen war.
Tobias Aeschbacher: Beim Abendmahl-Sujet recherchierte ich vorab den Raum, in dem das Fest stattfinden soll. Dies probierte ich dann einzubauen. Aber wir beide machen das etwas unterschiedlich (lacht).
«Hyperraum» hat 2012 den damaligen Jugendpreis der Burgergemeinde Bern gewonnen, den heutigen «Prix Effort». Gab das Ihrer Karriere einen Schwung?
Tobias Aeschbacher: Wir waren damals noch ein freies Kollektiv mit 5 bis 7 Leuten. Seither haben wir – auch dank dem Preis – jedes Jahr ein selbst verlegtes Heft «Kosmos Vertikal» herausbringen können. Das brachte uns beim Verlag, der ja auch zu uns gehört, definitiv weiter. Und wir konnten das Preisgeld zu der Zeit gut investieren – auch in unser Atelier.
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