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Volkshochschule Bern erhält einen Preis der Burgergemeinde

Kurs Deutsch als Fremdsprache

21.08.2019

Der Verein Volkshochschule Bern (VHSBE) wurde 1919 mit dem Zweck, die Erwachsenenbildung und das Lernen zu fördern, gegründet. Heute nutzen rund 10'000 Teilnehmende jährlich ihr breites Bildungsprogramm, sowohl in der Stadt Bern als auch in den Regionsgemeinden. Das Angebot deckt die Bereiche Sprachen, Gesellschaft, Wissenschaft, Kultur, Gesundheit, Fitness, Tanzen und Kreativität ab. Die Volkshochschule ist auch Bildungspartnerin für Institutionen und Firmen.

TEXT: MARTIN GRASSL; BILD: ZVG

Um Demokratie zu leben, braucht es Grips, oder wie der frühere Volkshochschulverbandspräsident Hermann Weilemann in den 1940er-Jahren einmal betont hatte: «Wir brauchen ein geistig reges Volk».  Anfänglich mit Skepsis bedacht, vermochten sich die Volkshochschulen schweizweit durchzusetzen und ihr Bildungsangebot nicht nur in den Städten, sondern auch in den hintersten Winkeln des Landes zu etablieren. Die Pflege regionaler Eigenheiten war überdies Programm. Die Stätten der Allgemeinbildung für Menschen ohne Hochschulzugang blieben dabei immer eng an die Universitäten des jeweiligen Einzugsgebiets gekoppelt, wie etwa diejenigen von Bern, Zürich oder Basel. Einer der Höhepunkte in der hundertjährigen Geschichte bildete 1979 die Kooperation mit dem Schweizer Fernsehen und Radio mit dem Englischkurs «Follow-me». Anfang der 1990er-Jahre war die Volkshochschule mit ihren attraktiven zertifizierten Computerkursen erneut Trendsetterin. Nebst den allgemeinbildenden Inhalten wurden im neuen Jahrtausend das Vermitteln von Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben, Informations- und Kommunikationstechnik-Kenntnissen sowie Alltagsmathematik wichtig. Die Volkshochschulen haben sich mit ihren Angeboten stets dem Wandel der Zeit angepasst. Die eben erst reorganisierte Volkshochschule Bern will künftig mit neuen Kursangeboten auch jüngere Menschen erreichen. Das Medaillon hat mit Katrin Schmidt, seit 2018 neue Geschäftsleiterin der Volkshochschule Bern, gesprochen.

MEDAILLON: «Die direkte Demokratie brauche ‹Bürger›, die ‹kritisch und selbstständig› denken könnten», lautete vor hundert Jahren die Losung der damals neu gegründeten Volkshochschulen, welche die Arbeiterschaft zum Zielpublikum hatten. Ist das heute noch immer das Motto der Volkshochschule Bern?

KATRIN SCHMIDT: Nicht mehr in diesem Masse. Zurzeit leistet unsere Volkshochschule vor allem einen Beitrag im Bereich Integration, bildet doch das Kursangebot Deutsch als Fremdsprache für Menschen mit Migrationshintergrund einen Schwerpunkt unserer Tätigkeit. Unser ursprüngliches Themenfeld Gesellschaft-Wissenschaft-Kultur ist seit Beginn der 2000er-Jahre dabei etwas in den Hintergrund gerückt.

Aber sie haben es noch nicht aufgegeben?

Wir sind klar bestrebt, diesem Themenfeld in nächster Zukunft wieder mehr Gewicht zu verleihen. 1992 hatten die Volkshochschulen mit ihrer ursprünglichen «Mission», Menschen ohne Hochschulzugang entsprechendes Wissen zu vermitteln, ihren Höhepunkt erreicht, danach ging die Nachfrage zurück. Neu wollen wir auf diesem Gebiet wieder punkten. Grosse aktuelle Themen wie etwa die Mondlandung anerbieten sich geradezu, um attraktive Kursangebote zu lancieren, die Medizinethik ist ein weiteres heiss diskutiertes und interessantes Thema.

Was hat Ihrer Meinung nach denn zum Rückgang der Dominanz des Themenfelds Gesellschaft-Wissenschaft-Kultur geführt?

Die Digitalisierung hat sicherlich eine grosse Rolle gespielt, genannt seien beispielsweise beliebte Webportale wie «Wikipedia» und «YouTube». Nicht zu vergessen sind diverse Mitanbieter wie etwa die Migros-Klubschulen. Hier wollen wir uns wieder auf unsere Stärken zurückbesinnen: Als einzige Bildungsinstitution auf dem Platz sind wir eng mit der Universität Bern sowie der Berner Fachhochschule BFH verbunden, neu hinzugekommen ist übrigens die Pädagogische Hochschule PH Bern. Mit diesen starken Partnern im Rücken wollen wir künftig Kursangebote schaffen, welche attraktive Allgemeinbildungserlebnisse garantieren. Nach unserer überwundenen Krise in den Jahren 2014 bis 2017 wollen wir unserer privilegierten Ausgangslage, auf soviel Expertise bauen zu können, wieder besser Rechnung tragen. Die Universität, die Fachhochschule sowie die PH werden sich in Zukunft an der Gestaltung des Programms der Volkshochschule Bern beteiligen. Punkto Vernetzung haben darüber hinaus neu je ein Vertreter der Stadt und der Burgergemeinde Bern Einsitz in unserer Programmkommission.

Die Angebote der Grundkompetenzen wie Lesen und Schreiben sowie Alltagsmathematik bilden zurzeit nebst Deutsch als Fremdsprache das Schwergewicht Ihrer Tätigkeit. Diese Angebote werden aber noch beibehalten?

Ganz klar, gehören sie doch zu einem gesetzlich verankerten Auftrag. Es gibt auch bei uns Menschen, zumeist mit Migrationshintergrund, die trotz Schulbesuches unter Lese- und Schreibschwächen leiden. Auch rechnerische Grundoperationen, das Aufstellen eines Budgets oder das Bedienen eines Computers bereit ihnen Mühe. Hier wollen und können wir unseren Beitrag zur Integration leisten.

Stand die Arbeiterschaft dem Volkshochschulgedanken vor 100 Jahren anfänglich noch skeptisch gegenüber, so nahmen viele Frauen die Volkshochschulangebote von Beginn an in Anspruch. War Frauenförderung damals überhaupt ein beabsichtigtes Ziel? 

Der Zulauf von Frauen von Beginn weg überrascht mich nun selber. Ganz sicher buchen heute, ausser bei den Deutschkursen, mehr Frauen unsere übrigen Angebote. Gerade die Bereiche Gesundheit und Fitness stossen bei Frauen auf überproportionales Interesse.

Wozu konkret wollen sie den mit dem Preis der Burgergemeinde Bern verbundenen Geldbetrag verwenden?

Das Preisgeld werden wir einerseits in die Weiterentwicklung und die künftige Ausrichtung unseres Kursangebots investieren, andererseits sollen die Kurse mit zusätzlichen Werbemassnahmen einem breiteren Publikum ins Bewusstsein gerufen werden. Zudem werden wir das Preisgeld für eine optimierende bauliche Veränderung unseres Schulhauses an der Grabenpromenade verwenden.

www.vhsbe.ch

Preise der Burgergemeinde 2019

Die beiden grossen Preise der Burgergemeinde Bern, der Kultur- und der Sozialpreis, wurden 2018 zum letzten Mal gesondert vergeben. Mit den letztes Jahr in Kraft getretenen neuen Leitlinien der Engagements in Kultur und Gesellschaft definiert die Burgergemeinde ihre Preisvergabepraxis neu. Die Preise werden am 20. November 2019 im Casino Bern vergeben.

Mit insgesamt 150‘000 Franken werden dieses Jahr die Frauenzentrale BE sowie die Volkshochschule Bern ausgezeichnet, dies in Anerkennung der herausragenden Leistungen beider Institutionen im Verlauf ihres jeweils hundertjährigen Bestehens. Die Prämierten werden die Preisgelder für konkrete Teilprojekte verwenden.

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