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In der Natur zuhause

16.11.2022

Die Umwelt erleben, kennenlernen und geniessen: So könnte man die beiden Organisationen umschreiben, welche die diesjährigen «Preise der Burgergemeinde Bern» erhalten haben. Die Stiftung Bildungswerkstatt Bergwald und der Verein Berner Wanderwege fördern mit ihren Engagements einen engen Bezug zur Natur. Einblick in deren Tätigkeiten an der frischen Luft.

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TEXT: PASCAL MATHIS; BILDER: CAROLINA PIASECKI / PASCAL MATHIS

Julian und Nils staunen zuerst nur und klatschen sich dann ab: Soeben haben sie ihre erste Rottanne gefällt. Zuvor schufteten sie gemeinsam mit einer Handsäge und bereiteten die Aktion – stets unter Anleitung von Profis – vor. Mit einer Seilwinde hat ein Forstwart den Baum dann umgezogen. Die Freude steht allen ins Gesicht geschrieben.

Die beiden Jugendlichen sind Teil einer Schulklasse, die fünf Tage lang im Wald hoch über Habkern Einsätze für die Stiftung Bildungswerkstatt Bergwald leistet. Die Projektwoche bietet den Neuntklässlerinnen und Neuntklässlern Erlebnisse mitten in der Natur: Sie packen an, arbeiten mit Axt und Säge und lernen vor Ort Zusammenhänge kennen.

Einsätze, die zusammenschweissen
Das Lernen ist mit dem Fällen des Baums – der im Vorfeld von einem Profi gekennzeichnet wurde – nicht zu Ende: Maik Despang, Förster und Gruppenleiter bei der Bildungswerkstatt Bergwald, schart alle Jugendlichen um sich und erklärt am Baumstrunk, was das frisch geschnittene Holz über die Rottanne alles verrät. Alle hören gebannt zu. Dass eigentlich längst schon Mittagspause wäre, ist vergessen.

Gleich daneben steht Kaspar Zürcher, Geschäftsführer der Stiftung Bildungswerkstatt Bergwald. Wie Julian und Nils strahlt auch er: «Es ist jedes Mal schön zu sehen, mit welchem Engagement sich Jugendliche im Bergwald einsetzen.» Die Schülerinnen und Schüler lernen viel in solchen Projektwochen, so Zürcher, der beim Besuch vor Ort ebenso mit anpackt und jedes Jahr selbst einige Waldprojektwochen leitet. «Klar gibt es solche, die wenig begeistert in den Bergwald kommen.» Doch meist ändere sich das während des Einsatzes. Und vor allem schweisse die Arbeit im Team zusammen. Dieser soziale Aspekt ist ein weiteres Ziel solcher Projektwochen.

Körperliche Arbeit anstatt Schulalltag
Einige hundert Meter davon entfernt ist ein anderer Teil der Klasse im Einsatz. Bei zwei Gräben wütete im vergangenen Juli ein Unwetter und verschüttete einen Übergang für das Vieh. Mit Pickel, Schaufel und Hebeisen machen die Jugendlichen diesen Weg nun wieder frei: Sie lösen Felsbrocken und schaufeln Geröll weg. Schwerarbeit, doch niemand murrt. «Die Arbeit macht Spass», sagt Azem, «aber sie ist streng.» Und Fabienne gibt offen zu, dass sie die Arbeit im Bergwald unterschätzt habe. Sie möge die Projektwoche sehr, «aber ich könnte das nicht immer…»

Vor Ort betreut Stephan Zürcher an diesem Herbsttag die Gruppe. Er – einst Sozialpädagoge und nun Wanderleiter – betreut für die Stiftung während rund fünf Wochen pro Jahr solche Bergwald-Einsätze. Er findet es spannend, den Jugendlichen die Arbeit im Wald zu vermitteln. «Sie bedienen Werkzeuge, die neu für sie sind. Die Fortschritte, die sie dabei machen, sind beeindruckend.» Sagt‘s, greift wieder zur Schaufel und wirkt zufrieden. Wie eigentlich alle an diesem Tag im Bergwald hoch über Habkern.

bergwald.ch

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Am Schluss des Vormittags hat Rolf von Allmen gelbe Hände. Sie zeigen, dass er in den Stunden zuvor auf seiner Tour einiges zu tun hatte. Das heisst: Es gab viele Abschnitte, auf denen er die frische Farbe im typischen Wanderweg-Gelb auftragen musste.

Von Allmen ist einer von rund 90 freiwilligen Bezirksleitern des Vereins Berner Wanderwege. Sie alle halten das Wanderwegnetz im Kanton Bern im Schuss. Einmal pro Jahr – zwischen April und Oktober – laufen sie im zugeteilten Gebiet jeden einzelnen Meter ab und überprüfen beispielsweise Wegweiser oder die bekannten gelben Rhomben an Bäumen und Pfosten. Und sie nehmen Kontakt mit den Gemeinden auf, wenn etwa eine Holztreppe in einem Wald beschädigt ist oder ein Gewitter Bäume über den Weg gelegt hat.

Die Zeichen, die einen rufen
Das Gebiet von Rolf von Allmen ist die Region Bantiger, an diesem Vormittag ist er rund um Krauchthal unterwegs. Immer dabei die rund 12 Kilo schwere Ausrüstung mit Leiter, Farbe, Pinsel, Ersatzwegweisern, Montagematerial und einigen Werkzeugen. Beim ersten Einsatz werden aber nur ein Lappen und Seifenwasser gezückt. Denn falls nötig, werden Wegweiser auch geputzt, um Dreck, Sprayereien oder Spuren von Aufklebern zu befreien.

Die gelbe Farbe zückt Rolf von Allmen dann bei einer Weggabelung. Der Rhombus ist etwas verwittert, möglich, dass er nächstes Jahr schon kaum mehr zu sehen wäre. Von Allmen putzt mit einer Bürste die Stelle am Baum, rahmt mit Klebeband die Stelle ein und trägt die gelbe Farbe auf. Die Zeichen «müesse eim rüefe», sage man sich untereinander. Also stets gut ersichtlich und das in beiden Richtungen – schliesslich soll keine Wanderin und kein Wanderer ungewollt vom Weg abkommen. Dazu gehört auch, Wegweiser wieder in die richtige Richtung zu rücken, falls sich jemand einmal einen Spass daraus gemacht haben sollte, sie zu verdrehen.

120 Kilometer und keine Langeweile
Übrigens: Die Wanderweg-Zeichen an den Bäumen sind gemalt. Selbstverständlich, dass in Bäume kein Nagel eingeschlagen wird. Auch das Anzeichnen passiert mit Bleistift und nicht mit einem Messer. Zudem ist die gelbe Farbe unbedenklich und wasserlöslich.

Rolf von Allmen geniesst seinen «Job», den er nun schon seit sieben Jahren macht. «Langweilig wird es mir nie!» Hin und wieder begleiten ihn Freunde oder seine Partnerin. «Das geniesse ich», sagt der 71-Jährige, dessen Einsätze stets auch ein kleines Fitnessprogramm sind.

Drei Kilometer «seiner» Wanderwege hat er an diesem Vormittag überprüft. 120 Kilometer sind es in seinem Bezirk insgesamt. Bis Saisonschluss wird er also noch einige Male seine Hände von der gelben Farbe befreien müssen. Er lacht: «Nur die ‹Putzhudle› bringe ich manchmal nicht mehr sauber.»

bernerwanderwege.ch

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