Kein «007» und trotzdem Schauspieler
Marc Fermaud (r) übergibt sein Amt als Offizial an Felix Gerber.
TEXT UND BILD: MARTIN GRASSL
MEDAILLON: Marc Fermaud, wie würden Sie Felix Gerber das Aufgabenprofil des Offizials kurz und bündig beschreiben?
MARC FERMAUD: Die Aufgabe hat einiges mit Schauspielerei zu tun: Es gilt Menschen auf die Bühne zu führen und zu repräsentieren. Ich habe dabei immer versucht, möglichst mich selber zu sein. Wir sind übrigens keine «Body Guards», im Weibelstab befindet sich also kein versteckter Giftpfeil à la «007», wie einige Male schon scherzeshalber vermutet wurde (schmunzelt).
Felix Gerber, Sie sind hauptamtlich Betriebsleiter und Sigrist des Berner Münsters. Was bringen Sie aus dem Kirchendienst ins neue Amt mit?
FELIX GERBER: Als Sigrist benötigt man Bewusstsein für Liturgisches, als Offizial choreografisches Geschick: Dass man zur richtigen Zeit am richtigen Ort steht. Dies kenne ich bereits vom Münsterdienst und auch vom Neujahrempfang, wenn nämlich die Pferdegespanne nach der Audienz im Bundeshaus zum kantonalen «L’honneur à l’état» auf dem Münsterplatz vorfahren. Dann stehe ich jeweils vor dem Hauptportal und nehme dort quasi die Parade ab.
Welche besondere Eigenschaft muss ein Offizial mitbringen?
MF: Er muss vor allem standfest sein. Ich erinnere mich an einen Präsidenten, der einmal tatsächlich eine 24-seitige maschinengeschriebene Rede vorgetragen hat. Doch die Zeiten der langen Reden sind heute vorbei. Im Sommer kann es im Mantel übrigens ziemlich warm werden. Zudem sind das Interesse an der Institution und für die Anlässe sowie die Freude an vielseitigen Begegnungen hilfreich.
Wie sind Sie auf das freiwerdende Amt des Offizials aufmerksam geworden und was gab den Ausschlag, es anzunehmen?
FG: Am Osterbott 2019 habe ich den Spittelweibel vertreten, was sich hinterher wohl als unvermutetes «Assessment» herausstellte. Im Herbst 2020 kam Burgergemeindepräsident Bernhard Ludwig auf mich zu und gab mir nach seinen Erläuterungen zum Amt etwa 20 Sekunden Bedenkzeit auf seine vorgebrachte Frage, ob ich die Nachfolge von Marc Fermaud antreten wolle. Ich fragte mich kurz, wie ich dieses Amt an meiner beruflich prall gefüllten Agenda vorbeibringen könnte, und sagte ihm darauf mit Freude zu.
Marc Fermaud, gab es einen Vorfall, der Ihnen geblieben ist?
MF: Ich erinnere mich gut an die Helsinki-Nachfolgekonferenz in Bern in den 1980er- Jahren. Damals war die Kochergasse wegen der Terroranschlagsgefahr in Europa einen Monat lang abgesperrt. Die Eröffnung der Konferenz fand im Casino unter Burgergemeindepräsident Hans Wildbolz statt. Ich eilte mit Mantel, Hut und Stab ins Gebäude und wurde dabei von keiner einzigen Menschenseele behelligt. Ich hätte problemlos eine Bombe hereinschmuggeln können… Oder einmal fiel mir eine zu übergebende Medaille zu Boden. Derselbe Hans Wildbolz meinte dazu trocken: «Da ghört me ämu, dass das ke Schoggitaler isch.»
Worauf freuen Sie sich besonders in Bezug auf Ihre neue Aufgabe?
FG: Ich bin mit der Burgergemeinde seit Kindesbeinen eng verbunden. Eine Verwandte von mir hat im Naturhistorischen Museum gearbeitet, der Vater eines guten Schulkollegen war Burgergemeindeschreiber, und ich selber war vier Jahre lang in der Burgerspittel-Kommission tätig. Ich empfinde es nun als Ehre, die Burgergemeinde an festlichen Anlässen repräsentieren zu dürfen.
Insignien Offizial
Der Offizial tritt im schwarz-roten Ornat, mit Zweispitz, Weibelstab, Weibelschild und weissen Handschuhen in Erscheinung, an Abdankungen mit schwarzen Handschuhen samt Trauerflor am Weibelstab. Vor der Jugend (Prix Effort-Verleihung) präsentiert er sich jeweils im «Casual»-Tenue.