Mit Smartphone und GPS gegen den Borkenkäfer
So frisst sich ein Borkenkäfer durchs Holz
TEXT: ALEXANDER PULFER & PASCAL MATHIS /
TITELBILD: LISA SCHÄUBLIN (NMBE)
Der Frühling hat den Bremgartenwald erreicht. Und auch der Borkenkäfer erwacht wieder: Er hat sich aus seiner Winterresidenz unter der Baumrinde oder aus dem Boden befreit und bohrt sich nun durch die Rinde in noch gesunde Fichten. Vor einer dieser Fichten steht ein Waldfachmann des Forstbetriebes der Burgergemeinde Bern und spricht in sein Telefon. Er hat frische Bohrlöcher entdeckt und hält den Schaden digital über Spracheingabe auf einer App fest: „Kalamität, Fichte BHD 55 cm, Borkenkäfer; Kommentar mit Seilwinde in Rückegasse fällen“. Gleichzeitig markiert er den Baum mit einem Z auf jeder Seite als sog. Zwangsnutzungsbaum, also als ein Baum, der beschädigt ist.
Dank GPS betroffene Bäume punktgenau lokalisieren
Sein Mobiltelefon ist mit einem leistungsstarken GPS-Sender verknüpft, der zusätzlich den genauen Standort aufzeichnet. Über WLAN werden die gesammelten Daten in eine Datenbank übernommen. Zeitgleich im Büro des Forstbetriebes: Ein Mitarbeiter sieht sich auf seinem Computer die gesammelten Daten an. Dank den digitalen Einträgen hat er den Überblick über die befallenen Bäume und plant nun alle Eingriffe zur Bekämpfung des Borkenkäfers. Die geplanten Arbeiten sendet er anschliessend direkt an die ausführenden Forstarbeiter. Wieder im Wald, finden diese rasch zu den betroffenen Bäumen und können diese gezielt aus dem Wald entfernen.
Diese effizienten Abläufe werden durch das System „LogBuch“ ermöglicht, das der Forstbetrieb der Burgergemeinde Bern im letzten Jahr getestet und dieses Jahr eingeführt hat. Das System ermöglicht nicht nur eine schnelle Datenerfassung, sondern bietet auch weitere Funktionen wie das Führen von Pendenzenlisten oder die Aufzeichnung von Flächen. Es ist ein Paradebeispiel dafür, wie Digitalisierungsschritte auch der Natur zugute kommen können. Denn der sofort mögliche Eingriff in von Borkenkäfern befallene Bestände bleibt die effektivste Art, dessen Vermehrung zu bremsen und weitere Schäden möglichst gering zu halten.
Bäume entrinden, um den Wald zu schützen
Sind die betroffenen Bäume gefällt, müssen sie möglichst schnell aus dem Wald abtransportiert werden. Ist dies nicht möglich, ergreift der Forstbetrieb der Burgergemeinde Bern andere Massnahmen. Er setzt beispielsweise eine eigens entwickelte mobile Entrindungsanlage ein, die ganze Baumstämme schält und damit die Entwicklung des Borkenkäfers verhindert. Ergänzend dazu beschafft er aktuell eine Entrindungswalze, die direkt auf dem Vollernter eingesetzt wird und dünnere Stämme entrindet. Weiter werden zum Schutz der geernteten Baumstämme Netze und – nur wenn es nicht anders möglich ist – auch Insektizide eingesetzt.
Auch alle technischen Massnahmen zusammen reichen jedoch nicht aus, den Wald nachhaltig gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu schützen. Aus diesem Grund strebt der Forstbetrieb der Burgergemeinde Bern mit einer angepassten Bewirtschaftung möglichst junge, vitale Baumbestände mit klimatauglichen Arten an. Dazu gehören beispielsweise Weisstannen, Douglasien und Eichen. Immer mit dem Ziel vor Augen, dass der Wald nicht nur nächsten oder übernächsten Sommer intakt ist, sondern auch noch in den kommenden Jahrzehnten.