TEXT: LEA RÖTHLISBERGER / BILD: MÜHLE SCHÖNENBÜHL
MEDAILLON: Was ist das Ziel dieses Angebots?
Elias Rüegsegger: Während der letzten Wochen und Monate nahmen wir uns in der Mühle Zeit zum Überlegen, wo es mit der Mühle langfristig hingehen soll. Wir streben eine engere Verbindung zu unseren Kundinnen und Kunden an. Wir möchten ermöglichen, dass sie sich direkt an unserem Tagesgeschäft beteiligen können und einen direkten Einblick in das alte Handwerk erhalten. Durch die Einsätze möchten wir ihnen das Verständnis für die Produktionsabläufe und für den Arbeitsaufwand hinter einem Sack Mehl vermitteln. Dazu soll es auch einen Einblick in den sozialen Aspekt der Mühle, der Berufs- und Arbeitsintegration von Jugendlichen im Rahmen von SORA, einer Institution der Burgergemeinde, geben. Diesen Aspekt möchten wir mit der Freiwilligenarbeit zusammenfliessen lassen.
Wie kam das Freiwilligenangebot in der Mühle Schönenbühl zustande?
Die Arbeit in der Mühle stiess eigentlich schon immer auf grosses Interesse bei unseren Kunden. Nun gehen wir aktiv diesen Schritt und beziehen interessierte Kunden direkter in unsere Arbeit mit ein. Das Angebot haben wir auch im Kontakt mit Benevol Schweiz, der Dachorganisation für Freiwilligenarbeit, erarbeitet. In keiner anderen Mühle der Schweiz gibt es diese Möglichkeit. Es ist uns ein Anliegen, dass die Freiwilligen ihre eigenen Ideen und spezifischen Fähigkeiten einbringen können. Wir möchten, dass sie bei ihrem Einsatz etwas lernen, gleichzeitig möchten wir aber auch von ihrer Aussenperspektive auf die Mühle profitieren.
Wie können die Freiwilligen von ihrem Einsatz in der Mühle profitieren?
Sie können ihr eigenes Bio-Mehl mahlen. Als Konsumentin oder Konsument ist man weit weg vom Produkt. Wir möchten, dass die Leute beim Backen wissen, wo es herkommt und wie es hergestellt wird. Durch das Coronavirus gab es einen «Hype» um biologisch-regionales Mehl und das Backen – viel mehr Leute kauften unsere Produkte. Bei uns in der Mühle war die Nachfrage 2-3 Mal so gross wie vorher. Dadurch denken wir, dass die Leute momentan besonders sensibilisiert für unsere Themen und Anliegen sind. Es ist uns auch wichtig, dass die Freiwilligen Verantwortung übernehmen können und in unser Team integriert werden.
Ein typischer Arbeitstag in der Mühle Schönenbühl: Was kann man sich darunter vorstellen?
Das ratternde Geräusch der Mühle begleitet einen den ganzen Tag über. Die uralte Maschine mahlt im Hintergrund pro Stunde rund 70 kg Mehl. Das Mehl umgibt einen wirklich in allen Sinnen, das heisst, es pudert Hände und Kleider und erfüllt die Räumlichkeiten mit einem urchigen Duft. Der soziale Aspekt ist uns wichtig, wir machen immer miteinander Pause und essen zusammen. Die Freiwilligen erwartet also ein strukturierter Tagesablauf in der Mühle. Die Arbeiten sind unterschiedlich, aber alle ziemlich handfest. Zum Beispiel werden die Freiwilligen Mehl in die Säcke abfüllen, Mehlmischungen herstellen oder beim Zusammenstellen von Bestellungen mithelfen. So sind sie hautnah an ihrem beliebten Produkt dran. Es besteht aber auch Raum für neue Ideen und Projekte. Es besteht etwa die Möglichkeit zur Mitarbeit in der Küche oder dem Garten.
Was sind momentan die grössten Herausforderungen in der Mühle?
Die Herausforderung in der Mühle Schönenbühl war schon vor Corona die Vereinbarkeit des Sozialauftrags mit der täglichen Produktion. Durch Corona hat sich dieser Spagat noch akzentuiert. Dieses Kunststück ist unser täglich Brot. Indem wir auch Freiwilligen die Gelegenheit geben sich einzubringen, gehen wir jetzt noch einen Schritt weiter. Denn: Wir sind überzeugt, dass die Mühle Schönenbühl für mehr als Mehl steht. Nämlich für eine soziale und inklusive Müllerei.
Und das bedeutet?
Einerseits begleiten wir junge Menschen auf dem Weg in ein Alltags- und Berufsleben. Andererseits kooperieren wir mit Bauernbetrieben und kleinen Läden der Region und pflegen enge Beziehungen zu unseren Kundinnen und Kunden. So versuchen wir den Kreislauf vom Korn auf dem Feld zum Brot in der heimischen Backstube sichtbarer zu machen – dies gerade, indem wir unterschiedliche Menschen miteinbeziehen und diese zusammenbringen. Menschen, die sich ansonsten kaum begegnen würden. Wir sind überzeugt, damit einen Beitrag zu einer Gesellschaft zu leisten, in der miteinander Wege gefunden werden.
Was erwartet die Freiwilligen nach der Anmeldung?
In einer E-Mail möchten wir mehr über die Motivation der Bewerbenden erfahren. Während einem kleinen Schnuppereinsatz an einem halben Tag werden wir danach mit den angemeldeten Freiwilligen die Mühle anschauen und den Rahmen des Einsatzes besprechen. Wir werden ihnen die verschiedenen Möglichkeiten zur Mitarbeit zeigen und für sie eine massgeschneiderte Lösung suchen. Für die Freiwilligen wird es keine exakten Arbeitszeiten geben, sondern einen flexiblen und auf sie angepassten Einsatzplan.
Hier finden Sie alle weiteren Informationen zum Freiwilligenangebot der Mühle Schönenbühl.
Kontakt: Elias Rüegsegger, elias.rueegsegger@sora-bern.ch, 079 282 21 77
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