Meret Oppenheim und Martin Krebs: Die internationale Künstlerin und der Berner Galerist
TEXT: NADJA ACKERMANN; BILDER: ZVG
Die Freundschaft mit Martin Krebs nahm 1968 ihren Anfang. Meret Oppenheim war damals auf der Suche nach einem Ausstellungsort und da traf es sich gut, dass Martin Krebs, der seit seiner Jugend Kunst sammelte, im April desselben Jahres in Bern im Keller an der Kramgasse 54 eine Galerie eröffnet hatte. Die gemeinsam organisierte Ausstellung schlug zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie bot Meret Oppenheim Gelegenheit, ihre Werke auszustellen und zu neuen kreativen Ufern aufzubrechen, und für Martin Krebs stellte sie den gelungenen Auftakt seiner langen Galeristentätigkeit dar. Über jene 1968 erhaltene Möglichkeit war Meret Oppenheim umso glücklicher, als dass sie lange hatte warten müssen, bis sich der Erfolg ihrer Kunst international einstellte. 1913 als Tochter einer Schweizerin und eines deutschen Arztes in Berlin geboren, war sie mit 18 Jahren aufgebrochen, um sich in Paris künstlerisch zu verwirklichen. Berühmt und zu einer Ikone des Surrealismus wurde Meret Oppenheim bekanntlich über Nacht, als das Museum of Modern Art in New York 1936 ihr Werk «Déjeuner en fourrure» erwarb. Nach diesem fulminanten Start gestaltete sich ihre Karriere jedoch harzig. Zum einen überschattete das Erstlingswerk ihr weiteres Schaffen, zum andern geriet Meret Oppenheim 1937 in eine über ein Jahrzehnt dauernde psychische Krise, ausgelöst durch die politische Situation und die prekären Bedingungen für Künstlerinnen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Meret Oppenheim ging jedoch gestärkt aus dieser Krise hervor und engagierte sich ein Leben lang für das Selbstbewusstsein und die Unabhängigkeit von Künstlerinnen. Dies zeigt sich auch in ihren Werken, die von intellektueller Wachsamkeit, Humor, Erotik und dem ständigen Suchen nach den Geheimnissen der Natur und Kultur zeugen.
Neuaufbruch in Bern
Ebensolche Werke konnte Meret Oppenheim 1968 in ihrer ersten Ausstellung in der Galerie Krebs zeigen. Der damals geknüpfte Kontakt hielt. Insgesamt vier Mal stellte sie zu Lebzeiten in der Galerie in der Münstergasse aus – auch im Jahr 1985, also wenige Monate vor ihrem Tod. Ausdruck von Meret Oppenheims Verbundenheit mit Martin Krebs war nicht zuletzt der 1987 erfolgte Verkauf von 35 Werken – ein Drittel des gesamten Nachlasses Meret Oppenheims – in dessen Galerie. Die Künstlerin hatte sich mit diesem verfügten Verkauf bei Martin Krebs dafür revanchiert, dass dieser sich in schwierigen Zeiten für sie eingesetzt hatte.
Impulsgeber für die Berner Kunstszene
Der ehemalige Primarlehrer Martin Krebs war 1971 mit seiner Galerie mittlerweile vom Keller in der Kramgasse in ein beheizbares Ladenlokal an der Münstergasse 43 umgezogen. Während beinahe 50 Jahren organisierte Martin Krebs rund 600 Ausstellungen mit lokalen, nationalen und internationalen Kunstschaffenden. International bekannte Namen wie Max Bill oder David Hockney – und eben Meret Oppenheim – haben dort unter anderen ihre Werke gezeigt. Das in der Burgerbibliothek Bern neu erschlossene Firmenarchiv der Galerie dokumentiert in Schrift und Bild ihren wichtigen Beitrag zur Berner Kunstszene. Überliefert sind zum einen Ausstellungsplakate, Einladungskarten, Preislisten sowie Zeitungsberichte zu den einzelnen Ausstellungen. Zum andern liegen zu einigen Künstlerinnen und Künstlern eigene Dossiers vor. Das Archiv der Galerie Martin Krebs ist damit eine reichhaltige Sammlung von Quellen, und vermittelt ein lebendiges Bild der Berner Kunstszene in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Leider gibt es die Galerie seit 2015 nicht mehr. Sonst hätte vielleicht auch dieses Jahr, in dem eine retrospektive Wanderausstellung zu Meret Oppenheims Werk im Kunstmuseum Bern ihren Anfang nimmt, wiederum eine kleine Parallelausstellung in der Berner Altstadt stattgefunden.