TEXT: MARTIN GRASSL; BILD: NELLY RODRIGUEZ
Ein einzelnes Exemplar des grössten Schmetterlings der Welt kostet bis zu 10'000 Franken, auf dem Schwarzmarkt. Denn der Handel mit Wildfängen der äusserst seltenen und begehrten Tiere ist gemäss Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) international verboten. Der prächtige Tagfalter kommt nur auf Papua-Neuguinea vor, einer weit entfernten vulkanischen Insel zwischen Indonesien und Australien. Das zweitgrösste Eiland der Welt ist eines der Extreme. Es ist durchzogen von einem zerklüfteten Gebirge mit Gipfeln von über 4500 Metern Höhe. Neben vielen nur dort heimischen und seltenen Arten gilt es zudem als Hotspot menschlicher Sprachvielfalt, werden hier doch zwischen 11 bis 25% der Sprachen auf der Welt gesprochen. Extrem ist auch der Königin-Alexandra-Vogelfalter, der im Kronendach von Urwaldbäumen auf 500 bis 800 Metern über Meer umherflattert.
Seine Weibchen paaren sich nur mit Männchen, die gerade Blüten des Kwila-Baums eine Visite abgestattet haben, einem Baum, der mittlerweile selber wegen seines hochwertigen Holzes begehrt und gefährdet ist. Die Weibchen legen ihre Eier auf der Pfeifenblume Aristolochia schlechteri ab, einer raren, auf Papua-Neuguinea vereinzelt vorkommenden Kletterpflanze, die bis zu 40 Meter über dem Erdboden in den Kronen von Tropenwaldbäumen wächst. Denn die Pfeifenblume ist die einzige Futterpflanze der Raupen. Die Bestände dieser Pflanze gehen übrigens ebenfalls immer mehr zurück, aufgrund der Lebensraumzerstörung, unter anderem wegen der Ausbreitung von Ölpalmen-Plantagen.
Nachdem Albert Stewart Meek alle Strapazen durch unwegsames Gelände überwunden hatte, stellte für ihn den Königin-Alexandra-Vogelfalter auch einzufangen, die letzte Hürde dar. Da an den Einsatz eines Schmetterlingsnetzes in den luftigen Höhen, wo sich die Falter tummeln, nicht zu denken war, mussten sie von naheliegenden Ästen aus per Pfeilbogen erlegt werden. Deshalb weisen alle geschossenen Exemplare an einer Flügelstelle ein Schussloch der Dreizack-ähnlichen Pfeilspitze auf.
Exzentrischer Geldgeber
Finanziert wurde die kostspielige Expedition von Albert Stewart Meek ans Ende der Welt durch Walter Rothschild, einem exzentrischen Bankier, Naturforscher und Tiernarr, der in seinem Garten in England Kängurus hielt und seine Kutsche von Zebras ziehen liess. Er errichtete im englischen Tring eigens das Walter Rothschild Zoological Museum, das heute eine Abteilung des Natural History Museum in London ist. Rothschilds Sammlung gehörte zu den grössten naturhistorischen Sammlungen der Welt. Er finanzierte Expeditionen auf der ganzen Welt und nahm auch selber an ihnen teil. Er sammelte viele bislang unbeschriebene Vogel- und Schmetterlingsarten und beschrieb sie in wissenschaftlichen Abhandlungen. Walter Rothschild benannte das Weibchen, das Albert Stewart Meek von seiner Expedition 1906 zurückbrachte, nach Queen Consort Alexandra, der Frau von König Edward VII. von England. Der Königin-Alexandra-Vogelfalter stellte sich bald als einer der grössten Schmetterlinge der Welt heraus.