Gesunde Ernährung ist im Alter zentral
TEXT: FRANZISCA ELLENBERGER; BILDER: ZVG / SHUTTERSTOCK
Ricardo Amaral ist seit zweieinhalb Jahren Küchenchef im Burgerspittel. Zur kulinarischen Versorgung der rund 200 Bewohnenden erbringt er mit seinem Team täglich eine logistische Spitzenleistung: In die neun Abteilungen im Viererfeld und in den Burgerspittel am Bahnhofplatz werden 200 frisch zubereitete Menüs geliefert, und zusätzlich werden die rund 60 Mitarbeitenden sowie die rund 30 externen Gäste über Mittag verpflegt. Die Lebensmittel haben eine hohe Qualität und stammen meist aus der Region. Das Fleisch kommt aus nachhaltiger Schweizer Produktion, auch die Süsswasserfische sind hiesig. Die Lebensmittel werden täglich frisch zubereitet. Ein reger Austausch wird auch mit den Küchenverantwortlichen des Casinos Bern gepflegt, und zum Teil wird der Einkauf der hochwertigen Lebensmittel in enger Zusammenarbeit koordiniert. Weiter wird die Patisserie, welche im Burgerspittel angeboten wird, teilweise im Casino Bern produziert.
Veränderte Ernährungsgewohnheiten
Ricardo Amaral kann auf zwanzig Jahre Berufserfahrung zurückblicken: «Die Ernährungsgewohnheiten haben sich sehr geändert. Wir kennen heute zwölf wichtige Allergene und Intoleranzen, die es zu berücksichtigen gilt. Am meisten haben wir es mit Zöliakie, also einer Glutenunverträglichkeit, zu tun.» Beat Weibel, Kochweltmeister und Leiter Hotellerie, ergänzt: «Ein grosser Teil unserer Bewohnerinnen und Bewohner hat noch eine ganz andere Essensbiografie. Die eher deftige Ernährung aus ihrer Vergangenheit versuchen wir den heutigen Essgewohnheiten anzupassen. Wir legen Wert auf eine ernährungsphysiologisch richtige Ernährung mit natürlicher Zubereitung und ausgewogenen Lebensmitteln mit genügend Proteinen und Vitaminen.»
An- und Herausforderungen
Aufgrund der veränderten Körperzusammensetzung sinkt der Energiebedarf mit steigendem Alter. Allerdings bleibt der Bedarf an Nährstoffen wie Vitaminen, Mineralstoffen und Proteinen unverändert hoch. Damit Seniorinnen und Senioren ihren Nährstoffbedarf trotz reduzierter Nahrungsmenge decken können, ist eine sorgfältige Auswahl an Lebensmitteln mit einer hohen Nährstoffdichte entscheidend. Viele ältere Menschen leiden unter Appetitlosigkeit, die zu einer Mangelernährung führen kann. Vor allem Alleinstehenden fehlt oft die Lust am Kochen. Meistens konsumieren sie Fertigprodukte oder einen «kalten Teller». Zudem fehlen soziale Kontakte und genügend Bewegung. Beat Weibel: «Die Proteinaufnahme ist relevant. Protein ist in Fisch, Fleisch und Eiern sowie in Bohnen, Hülsenfrüchten, Linsen, Kichererbsen und Tofu enthalten. Auch Fette und Öle sind ein wichtiger Teil der seniorengerechten Ernährung.» Wohl dosiert geben Öle und Fette dem Essen einen harmonischen Geschmack und beugen trockener Haut vor. Aber Achtung – damit gemeint sind vor allem Omega-3-Fettsäuren und kaltgepresstes Öl aus Leinsamen, Raps oder Oliven. Billige und erhitzte Fette, Mayonnaise, Salatsaucen und Wurstwaren sollte man bestmöglich vermeiden. Auch die Verwendung von frischen Kräutern spielt eine zentrale Rolle. Sie regen die Verdauungstätigkeit an und sorgen für mehr Würze im Essen. Nicht zuletzt muss auf eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme geachtet werden. Im Alter lässt auch das Durstempfingen nach, und die Gefahr einer Dehydrierung ist hoch. Genügend Wasser aufzunehmen, fördert zudem die Hirn- und Denkleistung, aber auch die Konzentration. In der Burgerspittel-Küche wird zudem auch ein Augenmerk auf die Präsentation und eine ansprechende Farbzusammenstellung der Speisen geachtet. Das Auge isst bekanntlich mit, und die Gäste sollen Freude am Essen haben.
Auch das Ambiente zählt
Moritz Isenschmid lebt seit viereinhalb Jahren im Burgerspittel. Als ehemaliger Regimentsquartiermeister und Alpin-Quartiermeister bei den Flieger- und Fliegerabwehrtruppen habe er zig Menüpläne erstellt. Damals gab es nur ein Menü, denn Vegetarier habe man noch nicht gekannt. Seit er im Burgerspittel lebt, habe er noch nie etwas essen müssen, das er nicht mochte. Täglich kann er aus drei ausgewogenen Menüs auswählen, die auf Wunsch auch noch angepasst werden können. Er mag besonders das vielfältige Angebot an Suppen. Doch nicht nur die Speisen sind für ihn zentral, auch das Ambiente im Restaurant sei wichtig: «Es stehen immer frische Blumen auf dem Tisch, ich mag die Stoffservietten und -tischtücher, das Personal ist sehr freundlich, und das Essen ist immer warm und schön angerichtet.»