Wer bestimmt, was Erfolg ist? Wie gehen wir mit Rückschlägen um, und wer kann sich diese leisten? Wie spielen gesellschaftliche Erwartungen, persönliche Leistung, Zufall und Schicksal zusammen? Bis Ende April 2024 legt das Berner Generationenhaus den Fokus auf das Thema ERFOLG (und Scheitern). Das Publikum ist eingeladen, sich mit unterschiedlichen Erfolgsmodellen auseinanderzusetzen, alltägliche Erfolgsmomente zu feiern und das Scheitern zu enttabuisieren.
Heiter scheitern
Via Kopfhörer können die Besuchenden Scheitergeschichten von anderen Menschen hören.
TEXT: ANDY HOCHSTRASSER; BILDER: ROB LEWIS
Seid ihr heute schon gescheitert? Diese Frage stellt Gastgeberin Hanna, nachdem sie Sophie und andere Besuchende beim Brunnen im Innenhof in Empfang genommen hat. Wer den «Raum zum Scheitern» besucht, startet nämlich mit einer dialogischen Einführung ins Thema. Schnell entsteht in der zusammengewürfelten Gruppe eine Diskussion darüber, was Scheitern überhaupt bedeutet. Geht es um Misserfolge in Beruf oder Sport? Oder um alltägliche Sachen wie den Zug verpassen?
«Durch die Einführung im Innenhof entstand schnell ein intimer Rahmen. Das war wichtig, denn es fiel nicht allen in der Gruppe einfach, über persönliche Misserfolge zu sprechen», erzählt Sophie.
Nach einer Viertelstunde steigen die Besuchenden ins Untergeschoss hinab in den «Raum zum Scheitern». Beim Eingang in den Gewölbekeller werden die Schuhe ausgezogen, um die violette Teppichlandschaft auf leisen Sohlen erkunden zu können. Überall ist Stimmengemurmel zu hören, eine Komposition aus den bislang gesammelten Scheitergeschichten der Besuchenden. Konkret werden die Geschichten erst, wenn man einen der rund 80 Kopfhörer ans Ohr hält.
«Die Scheitergeschichten haben eine grosse Bandbreite. Ein Kind erzählt zum Beispiel, es habe sich im Werkunterricht mit dem Hammer auf den Finger gehauen. Andere haben sich nach einem gescheiterten Bewerbungsgespräch oder Auftrag beruflich neu orientieren müssen – das Scheitern bedeutete also einen Wendepunkt im Leben.» (Sophie)
Das Licht im «Raum zum Scheitern» ist gedämpft. Grosszügige Sitzkissen bieten Platz, um sich in Ruhe die Scheitergeschichten anderer Menschen anzuhören. Wer mag, trinkt eine Tasse Tee und kommt ins Gespräch mit anderen Besuchenden. In einem Raum liegen Jenga-Hölzer und Kugeln bereit, die komplizierten Bauanleitungen an der Wand laden zum lustvollen Scheitern ein.
«Dass man in den Socken herumläuft, macht den «Raum zum Scheitern» heimelig wie ein Wohnzimmer. Stimmig finde ich, dass er sich unter der Erdoberfläche befindet. Die Besuchenden gehen ja auch im übertragenen Sinn unter die Oberfläche, wenn sie sich mit ihrem Scheitern auseinandersetzen. Und am Schluss können sie ihre persönlichen Misserfolge im Keller lassen und zurück an die Sonne gehen: ein gutes Gefühl.» (Sophie)
Die Besuchenden können ihre persönlichen Scheitergeschichten in Bücher schreiben. Oder sie an einer Aufnahmestation aufzeichnen und so Teil des Klangteppichs im «Raum zum Scheitern» werden lassen. Auch Sophie hat eine persönliche Scheitergeschichte aufgenommen.
«Es ist schön zu merken, dass meine Geschichte eine von vielen ist. Spätestens hier habe ich gemerkt: Scheitern gehört zum Leben — ich bin mit meiner Geschichte nicht allein.» (Sophie)
Öffnungszeiten
«Raum zum Scheitern»
Mi – Fr: 12 – 18 Uhr
Sa: 10 – 17 Uhr
(Gruppen ab zehn Personen bitte anmelden)