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«Bevor alles ‹verchachlet› ist»

13.11.2023

Rechtzeitig in einer herausfordernden Situation zur Seite stehen. Das ist das Ziel vom «Eltern Walk-in». Eltern und weitere Erziehende erhalten präventiv kostenlose Beratung im Berner Generationenhaus.
SORA für junge Erwachsene und Familien, eine Institution der Burgergemeinde, schliesst damit eine Angebotslücke.

TEXT: PASCAL MATHIS; BILD: JEROEN SEYFFER

Frischgebackene Eltern kennen es: Mit der neuen Aufgabe stellen sich viele Fragen und Herausforderungen. Darum holt man sich gerne professionellen Rat, etwa bei der Mütter- und Väterberatung Kanton Bern. Für Eltern mit Kindern bis rund sechs Jahren gibt es einige Anlaufstellen, «und zwar sehr gute!», betont Sonja Pihan, Co-Leiterin von SORA. «Doch etwa ab dem Schulalter fehlen oft vergleichbare Angebote.» Das Projekt «Eltern Walk-in» schliesst darum für Eltern und weitere enge Bezugspersonen diese Lücke.

«Wir verstehen ‹Eltern Walk-in› als präventives Angebot», so Sonja Pihan. Um hierher zu kommen, ist weder immenser Leidensdruck noch eine Eskalation in einer Familie Voraussetzung. Viele möchten einfach mal reden und Rat einholen. «Unsere Arbeit beginnt also, bevor alles ‹verchachlet› ist.»

Niederschwelliger Zugang
Zentral beim «Eltern Walk-in» ist die Niederschwelligkeit. «Alle sollen ohne Scham zu uns kommen können», erklärt Stephan Strauss vom fünfköpfigen Beratungsteam. Ein Besuch soll so normal sein wie der bei der Mütter- und Väterberatung des Kantons Bern. Ausserdem: «Niemand muss seinen Ausweis zeigen, wir lassen keine Formulare ausfüllen und erstellen keine Dossiers.» Einen Termin zu vereinbaren, ist nicht zwingend. Der Standort im Berner Generationenhaus ist bewusst an zentraler Lage und das Angebot – einfache Deutschkenntnisse vorausgesetzt – für alle Familien und auch für Menschen mit Migrationshintergrund geeignet. Und auch das gehört zur Niederschwelligkeit: Das Angebot ist kostenlos.

Stephan Strauss erwartet beim «Eltern Walk-in» ganz normale Gespräche. Und zwar zu Themen wie Mobbing in der Schule, Streitereien im Familienalltag, Medienkonsum oder Sackgeld. Gespräche, die frühzeitig helfen sollen, problematische Situationen in den Griff zu bekommen. «Also lange bevor Kindesschutzfragen im Raum stehen», ergänzt Stephan Strauss.

Entlastung für andere Stellen
Zum «Eltern Walk-in»-Team gehören ausschliesslich Fachpersonen aus dem sozialen Bereich. Häufig würden ein oder zwei Gespräche wohl bereits helfen, «viele wissen auch gar nicht, was es schon für Angebote gibt», erklärt Stephan Strauss. «Und passt ein anderes Angebot besser, dann empfehlen wir den Eltern eine andere Fachstelle.»

Andere Fachstellen – etwa die «Berner Gesundheit» oder Sozialarbeit in den Schulen – sollen durch «Eltern Walk-in» denn auch entlastet werden. «Viele Institutionen haben kaum genügend Ressourcen und lange Wartefristen, das ist ein Problem.»

Ein «Herzensprojekt»
Das Angebot «Eltern Walk-in» soll grundsätzliche Abhilfe schaffen. Aus gutem Grund: «Alle Fachleute sind sich einig, dass der Prävention mehr Beachtung geschenkt werden muss», erklärt Sonja Pihan. Ihr ist wichtig, den Eltern Verantwortung zurückzugeben. «Denn nicht Fachpersonen lösen ein Problem, sondern die Menschen in den Familien», so Sonja Pihan. Aber Profis könnten die Eltern auf diesem Weg ein Stück weit begleiten. Auch darum ist das «Eltern Walk-in» für sie und ihr Team ein Herzensprojekt.

elternwalk-in.ch

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