Elefanten faszinieren – sofern sie weit genug weg sind ...
TEXT UND BILDER: STEFAN HERTWIG
«Flughafen Zürich: Elfenbein im Wert von 400 000 Schweizer Franken sichergestellt!», lese ich. Dies ist unschön, denn der illegale Handel mit Elfenbein gefährdet den Fortbestand der Elefanten. Allein 2012 wurden 15 000 Afrikanische Elefanten gewildert, um die steigende Nachfrage nach Elfenbein vor allem in asiatischen Ländern zu bedienen. Diese Zahlen erschrecken auch mich. Allerdings ist mein persönliches Verhältnis zu Elefanten seit einiger Zeit etwas angespannt, vor allem wegen zweier Erlebnisse.
Erste Rückblende: Malaysia, Borneo. Es ist mitten in der Nacht. Gemeinsam mit einer Studentin sammle ich im dichten Regenwald Frösche. Als Wissenschaftler am Naturhistorischen Museum untersuche ich die Biodiversität Südostasiens. Normalerweise ist die nächtliche Arbeit im Regenwald Borneos eine sichere Angelegenheit. Plötzlich erklingt jedoch lautes Trompeten direkt neben dem schmalen Pfad, der Bambus bebt und der ganze Dschungel scheint in Aufruhr. Die Studentin bringt sich mit lautem Schrei hinter meinem Rücken in «Sicherheit». Glücklicherweise haben sich die Elefanten aber genau so erschrocken wie wir. Sie entfernen sich und versuchen uns freundlicherweise nicht zu zertrampeln. Was sie nämlich könnten: Obwohl die Elefanten Borneos als «Zwergelefanten» bezeichnet werden, reicht ihre Schulterhöhe von zweieinhalb Metern aus, um tödliche Unfälle zu verursachen. Glück gehabt!
Zweite Rückblende: Botswana, Chobe Nationalpark. «Hinterhältige Viecher!», fluche ich, als gerade wieder ein übellauniger Elefant unser Auto attackiert und wir uns mit Vollgas im Rückwärtsgang auf einer tiefen Sandpiste davonmachen. Ich verbringe normalerweise meine Ferien gerne damit, Tiere zu beobachten und zu fotografieren. Und Botswana ist dafür perfekt, wären doch nur die allgegenwärtigen Elefanten etwas gutmütiger! Elefanten sind charismatisch, ihre Intelligenz und ihr individueller Charakter machen jedoch jede Begegnung mit ihnen zum Abenteuer. Denn auch ein grosser Geländewagen wie der Toyota Hilux bietet keinen wirklichen Schutz vor einem Ungetüm von vier Metern Schulterhöhe und sechs Tonnen Gewicht. Geschlechtsreife Bullen leben getrennt von den Kühen und ihren Kälbern und haben daher Zeit für Hobbys wie laut trompetend Autos zu jagen oder überambitionierte Touristen in Verkehrskunde zu «unterrichten». Aber auch Begegnungen mit Kühen und ihren Kälbern sind spannend, gerade wenn winzige Elefantenbabies auf den Pisten spielen, argwöhnisch bewacht von deren Müttern, Tanten und Halbstarken. Dabei werden komplexe Sozialstrukturen hautnah erlebbar. Die Camps in Botswana sind übrigens nie eingezäunt, sodass Löwen, Hyänen und auch Elefanten rund um die Uhr unangemeldet zu Besuch kommen können! Nur die Toiletten sind festungsartig gesichert, da sie sonst von durstigen Elefanten fachmännisch demontiert würden.
Ich habe im Nachhinein keine Ahnung, wie vielen Elefanten ich in Botswana begegnet bin und wie oft diese unser Auto attackiert haben. Alle meine Begegnungen mit ihnen gingen gut aus, und sie beim Baden und Spielen zu beobachten war grandios. Trotz der Wilderei sind Elefanten im Vergleich zu zahllosen anderen Arten nicht akut vom Aussterben bedroht. In manchen Schutzgebieten Afrikas gibt es sogar zu viele Elefanten. Botswana hat wegen seiner rund 200 000 Dickhäuter bereits ein Problem, da Elefanten in Trockenzeiten die Vegetation nachhaltig verändern können. Bäume bringen sie zum Absterben oder fällen sie gleich ganz. Doch die Jagd zur Bestandskontrolle ist heute verpönt, und in Nachbarländern fehlen geeignete Schutzgebiete zu deren Umsiedlung. Dennoch ist die Zukunft der Dickhäuter nicht sicher. Die ständig wachsende Bevölkerung sowie die Entwicklung von Infrastruktur, Industrie und Landwirtschaft stellen eine Bedrohung dar. Da der tägliche Nahrungsbedarf von 450 Kilogramm Pflanzen pro Elefant innert Stunden ganze Ernten vernichten kann, sind Konflikte mit der Bevölkerung ausserhalb von Schutzgebieten unvermeidlich. In Asien selber leben rund 50 000 Elefanten, darunter nur noch 1000 Borneo-«Zwergelefanten», deren Herkunft noch immer umstritten ist. Sie stellen wohl tatsächlich eine eigenständige Inselform dar. Ihr Lebensraum auf Borneo ist vor allem wegen der Ölpalmenplantagen weitgehend zerstört worden. Wilderei kann zwar manche Arten gefährden, die grösste Bedrohung stellt langfristig jedoch der Verlust des Lebensraums dar. Auch für Elefanten, so gross und clever sie auch sein mögen.
Ausstellung Tierschmuggel
Am 27. November wird im Naturhistorischen Museum der Burgergemeinde Bern die Sonderausstellung «Tierschmuggel – tot oder lebendig» eröffnet. Die Ausstellung gibt nicht nur einen bewegenden Einblick in die Abgründe des internationalen Handels mit bedrohten Tierarten, sie wirft auch gängige Vorstellungen über den Haufen – etwa, dass Tierliebe nicht immer der Natur zugute kommt und Handelsverbote nicht immer zum Wohle gefährdeter Tierarten beitragen. Die Ausstellung über den internationalen Tierschmuggel ist nicht nur brisant wegen der bedrohten Tierarten. Sie handelt auch vom Menschen und sprudelnden Geldströmen. Denn zusammen mit Drogenschmuggel, Waffenhandel und Menschenschieberei handelt es sich beim illegalen Tierhandel um einen gewaltigen Wirtschaftsfaktor. In der Ausstellung werden eindrückliche und einzigartige Objekte aus der Asservatenkammer des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV gezeigt, welche am Zoll beschlagnahmt wurden.