Renoviertes Archiv- und Bibliotheksgebäude an der Münstergasse eingeweiht
der Bibliothek Münstergasse, vormals Zentralbibliothek, an
den angestammten Ort. Das barocke Gebäude war zuvor während
zweier Jahre grundlegend saniert worden. Nachdem beide
Institutionen ihren Betrieb wieder aufgenommen hatten,
wurde das Gebäude am 10. September mit einem Tag der offenen
Tür offiziell eingeweiht. Für die zahlreichen Besucherinnen
und Besucher gab es viel Neues zu entdecken, etwa den rundum
modernisierten, prächtigen Hallersaal.
TEXT: MARTIN GRASSL; BILDER: MARCO SCHIBIG UND MARTIN GRASSL
Ziel des erstmals im Jahr 2007 angedachten Umbauprojekts war es einerseits, den historischen Archiv- und Bibliotheksstandort in der Altstadt zu erhalten, und anderseits, das Gebäude den modernen Bedürfnissen beider dort beheimateten Institutionen anzupassen. Die Burgergemeinde als Bauherrin hat das barocke Baudenkmal schliesslich sorgfältig restauriert und «fit» gemacht für die Zukunft. Hierbei war auch entscheidend, dass sich die Universität Bern als Trägerin der Bibliothek Münstergasse zusammen mit der Burgergemeinde auf einen langfristigen Mietvertrag einigen konnten. Daneben sagte die Burgergemeinde dem Zentrum Historische Bestände samt dazugehörendem Restaurierungsatelier, welches der Universitätsbibliothek angegliedert ist, weiter künftig einen jährlich wiederkehrenden Unterstützungsbeitrag zu. Nun steht mitten in Bern ein zeitgemässer Ort der Wissensvermittlung, der die Menschen anzieht und zum Arbeiten oder Verweilen einladen soll – damit hier auch Zukunftsträchtiges entstehen kann.
Vom Kornhaus und Weinkeller zur Kathedrale des Geistes
Das Gebäude wurde von der Berner Obrigkeit Mitte 18. Jahrhundert ursprünglich als Kornhaus und Weinkeller erbaut, sozusagen als repräsentativer Bau für die Früchte des Landes. Die sogenannte «Ankenwaag» wurde aber schon wenige Jahrzehnte später zur Bibliothek ummodelliert und in der Folge stetig baulich erweitert, um Platz zu schaffen für den laufenden Zuwachs an Büchern. Von 1968 – 1974 erfolgte dann ein grosser Aus- und Umbau des Gebäudes, doch schon in den späten 1980er-Jahren herrschte wieder Platznot. Das «Raumprogramm 2000» der Universitätsbibliothek löste mit der Konzipierung des Bauprojekts vonRoll-Areal und den dort zur Verfügung stehenden Magazinräumen das Platzproblem: Der Weg für eine Modernisierung an der Münstergasse war frei.
Viel Neues
Das von der alb architektengemeinschaft ag renovierte Haus trumpft mit vielen Novitäten auf. Herzstück ist der neu gestaltete, lichtdurchflutete Lesesaal unter dem Hofgarten mit der Höhe von zwei Etagen. Das grösstenteils aus Nussbaumholz gefertigte Interieur verleiht ihm eine gediegene Aura. Weiter auffällig ist die im Erdgeschoss erfolgte Öffnung der Laubengänge zur Münstergasse hin, welche dem Gebäude ungeahnte Transparenz verleiht. Beim Eingang befindet sich zudem neu die «Lesbar», der gastronomische Treffpunkt mit exquisitem Getränke- und Essensangebot. Im westlichen Teil des Kellergewölbes dient der «Salle Bongars» der Burgerbibliothek fortan als Schaufenster. Hier kann sie endlich der Öffentlichkeit ihre Schätze in geschütztem Raumklima präsentieren. Im Dachgewölbe befindet sich das Restaurierungsatelier des Zentrums Historische Bestände, wo alte, kostbare Schriften und Bücher nach neusten Erkenntnissen konserviert werden. Das Rückgrat des Hauses sind die umfassend sanierten Haustechnikanlagen sowie die neu durchgängig vertikal erschlossenen Wege, vom 5. Untergeschoss bis ins 4. Obergeschoss.
Die Anzahl der Lesesaalarbeitsplätze für das Publikum wurde, beide Institutionen zusammengenommen, von vormals knapp 180 Plätzen auf rund 300 erhöht. Zudem wurde die Qualität dieser Arbeitsplätze verbessert. Manche der neuen, flexiblen Arbeits- und Projektarbeitsplätze für die Mitarbeitenden der Bibliothek Münstergasse im Dachbereich entstanden dank dem Ausbau von Magazinschränken, deren Inhalt ins vonRoll-Areal ausgelagert wurde.
Tag der offenen Tür
Am 10. September fand die offizielle Eröffnung mit einem gut besuchten Tag der offenen Tür statt, an dem die Öffentlichkeit Einblicke hinter die Kulissen des Betriebs erhielt. Der 60-köpfige Berner GenerationenChor führte zudem zweimal auf einer je stündigen Tour durchs Haus und überraschte an jedem Stopp mit einem zum Ort passenden Ständchen. Im Eingang der Burgerbibliothek präsentierte sich die neu installierte mobile iPad-Station des Stadtführers «Bärn isch eso», er ist einer von insgesamt acht Standorten. Hier kann von nun an auch das historisch-topografische Lexikon aufgerufen werden mit seinen rund 5900 Stichworten zu Stadtberner Flurnamen, Strassen, Plätzen, öffentlichen und bedeutenden privaten Bauten, Brücken, Brunnen, Banken und Gaststätten.