Drei, die überflüssig werden wollen
von links: Corinne Aerni, Patricia Schirò, Petra Schweizer
TEXT & BILD: PASCAL MATHIS
Es gibt tausende Probleme, die in Familien auftauchen können. Überforderte Eltern, rebellierende Jugendliche, Suchtfragen, Trennungen und so weiter. «Alles, was an Krisen passieren kann, begegnet uns», erklärt Corinne Aerni. Sie ist Fachfrau Soziale Arbeit bei «SORA für Familien» und nimmt sich dem an. Oberstes Gebot ist dabei immer das Wohl der Kinder oder der Jugendlichen.
Während früher Kinder schnell mal in Heimen platziert wurden, setzt die Arbeit heute anderswo an. Die Betreuung und Begleitung richtet sich an die Eltern, damit sie wieder besser mit den Kindern umgehen können, erklärt Corinne Aerni. «Wir wollen keine Menschen verändern, sondern mit ihnen bessere Bedingungen schaffen.»
Befähigen statt befehlen
Dass es dafür kein Musterrezept gibt, liegt auf der Hand. Jede Familie braucht darum ihre individuelle Lösung. Und das bedeutet auch Fingerspitzengefühl. Oft gilt es, zuerst einmal Vertrauen zu gewinnen. «Wir wissen es nicht besser», sagt Petra Schweizer, die zusammen mit Corinne Aerni Familien begleitet. «Wir wollen wertschätzen, was die Familie alles schon geleistet hat, Stärken erkennen und somit befähigen – und nicht befehlen.» Also Eltern stärken, damit das Familienleben wieder runder läuft.
Was kann eine Familie, was braucht sie, was stört sie? Solche Fragen stehen dabei im Zentrum. Herausfinden, ob die Tochter im Fussballclub Freude hätte. Ob es Nachbarn gibt, die bereit sind, die Familie in irgendwelcher Form zu unterstützen. Oder ob vielleicht ein Mittagstisch in der Nachbarschaft Entlastung brächte. Die Lösungen liegen nicht nur in der Familie, sondern auch anderswo im Sozialraum (woher sich auch der Name SORA ableitet).
Enge Zusammenarbeit mit Gemeinden
Hier kommt oft der Wohnort ins Spiel; in diesem Fall Ittigen – eine der Gemeinden, mit denen «SORA für Familien» zusammenarbeitet. In Ittigen sorgt Patricia Schirò als Quartierkoordinatorin dafür, Möglichkeiten zu schaffen, dass der Sozialraum von den Nutzerinnen und Nutzern gestaltet werden kann. Sie kennt die Vereine, knüpft ein Netz von Freiwilligen, die etwa regelmässig füreinander einkaufen oder im Garten helfen, oder organisiert Nachhilfe für Kinder. «Ich probiere ein Netz zu schaffen, das den Menschen zugute kommt», fasst sie ihren Job zusammen. Vielleicht nicht grad sofort, aber vielleicht in ein paar Jahren.
Denn um in einer Krise aufgefangen zu werden, braucht es einen gut vernetzten Sozialraum. «Ein solcher ist allerbeste Prävention», wie die Fachfrauen Aerni, Schweizer und Schirò betonen. «Läuft es gut, machen wir uns eigentlich überflüssig», sagte Aerni lachend. Trotz den Problemen, um die es jeden Tag geht: Die Arbeit mit den Menschen sei unglaublich spannend, sagen Corinne Aerni und Petra Schweizer. Und Patricia Schirò ergänzt: «Am Ende dankbare Menschen zu verabschieden – solche Momente geben enorm viel!»