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Der letzte Löwe

29.05.2024

Sie ist das Herzstück des Naturhistorischen Museums Bern: die Sammlung afrikanischer Tiere, die Bernard von Wattenwyl mit seiner Tochter Vivienne 1923 auf ihrer gemeinsamen Jagdexpedition zusammengetragen hat. Eine Safari, die für ihn nach einer fatalen Begegnung mit einem Löwen tödlich endete. Am 1. Oktober 2024 jährt sich sein Todestag zum 100. Mal. Grund genug, uns auf seine Spuren zu machen.

TEXT UND BILDER: STEFAN T. HERTWIG

Im Juni 1923 begann eine mehr als ein Jahr währende Jagdsafari durch Kenia, Uganda und Kongo, die nicht nur zum grössten Abenteuer von Bernard Perceval von Wattenwyl und seiner Tochter Vivienne wurde, sondern die auch das Naturhistorische Museum Bern nachhaltig prägen sollte.

Bernard von Wattenwyl hatte seine wahre Leidenschaft in der Grosswildjagd gefunden und beschaffte auf dieser Reise im Auftrag des Museums eine grosse Zahl Felle, Schädel und Knochen afrikanischer Säugetiere für Ausstellungen und Sammlung. Die Safari war jedoch aus Kostengründen alles andere als eine Luxusreise: Endlose Strecken wurden zu Fuss zurückgelegt, Jagd und Arbeit waren hart. Das mühevoll gesammelte Material wurde später in Bern präpariert und überwiegend als lebensechte Dermoplastiken ab 1936 im neu erbauten Museum an der Bernastrasse in den modernsten Dioramen der damaligen Zeit ausgestellt.

Bild Legende:
Dr. Stefan T. Hertwig ist Leiter der Wissenschaften am Naturhistorischen Museum Bern.

Auf den Spuren von Wattenwyls im heutigen Uganda

Etwas komfortabler als vor hundert Jahren, aber immer noch reichlich abenteuerlich folgte der Autor dieses Textes auf einer Reise durch Uganda einem Teil der damaligen Route von Vater und Tochter von Wattenwyl. Die Landschaft ausserhalb der Schutzgebiete hat sich im vergangenen Jahrhundert grundlegend verändert. Wie nahezu überall auf der Welt ist die natürliche Vegetation Plantagen, Äckern und Weiden, Städten und Dörfern gewichen. Statt einsamen Wanderungen durch die Weite der afrikanischen Savannen erlebte der Selbstfahrer den – vorsichtig formuliert – gewöhnungsbedürftigen Strassenverkehr Ugandas. Sind die grandiosen Nationalparks aber erst einmal erreicht, lassen sich unzählige ikonische Arten der afrikanischen Fauna aus nächster Nähe beobachten, alle wohlbekannt aus den Berner Dioramen: in Semliki am Lake Albert den legendären Schuhschnabel, Schwarzbüffel und Antilopen, Schimpansen und Mantelaffen im Kibale Nationalpark, die berühmten Berggorillas im undurchdringlichen Wald von Bwindi und im Ishasha Gebiet am Lake Edward Riesenwaldschweine, Elefanten, Leoparden, Krokodile – und natürlich Löwen.

Bild Legende:
Bernard von Wattenwyl

Bernard von Wattenwyl hatte, das lässt sich nicht bestreiten, eine Obsession für Löwen und insbesondere die Löwenjagd. Allein auf seiner berühmten Safari erlegte er insgesamt 19 Löwen. Heute wäre eine derart üppige Ausbeute nicht mehr möglich. Löwen gelten als gefährdete Art, da sie bereits von 92% der Fläche ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets verschwunden sind. Lediglich etwa 23‘000 Löwen leben noch in der Natur. Hauptgründe für den Niedergang der Löwenbestände sind die Umwandlung und Nutzung ihrer natürlichen Lebensräume, aber auch die stetige direkte Verfolgung durch den Menschen. Die Löwen wurden aber letztlich Bernard von Wattenwyl zum Verhängnis: Am 1. Oktober 1924 erlag er im Buschland, weitab der nächsten Ortschaften, den schweren Verletzungen, die ihm sein letzter, der neunzehnte Löwe zugefügt hatte. Sein Grab fand er am Ruindi River in der heutigen Demokratischen Republik Kongo, während Schädel und Fell seines Kontrahenten Teil der wertvollen Sammlung afrikanischer Tiere des Naturhistorischen Museums sind. Seine Tochter Vivienne führte die Expedition trotz ihrer Trauer erfolgreich zu Ende.

Bild Legende:
Nicht mit dem Gewehr, sondern mit dem Fotoapparat hat Stefan T. Hertwig die Spur des Löwen in Uganda verfolgt.

Alte Dioramen mit hohem Wert

Heute ist die Wattenwyl-Sammlung neben ihrer kulturhistorischen Bedeutung von grossem wissenschaftlichem Nutzen, da alle auf der Safari gesammelten Tiere hervorragend dokumentiert wurden. Zudem stammen viele Exemplare aus Gebieten, in denen diese Arten heute verschwunden sind, dokumentieren also bereits ausgestorbene Populationen. Die Erhaltung der Dioramen und ihres wertvollen Inhalts ist eine der wichtigsten Aufgaben des Museums. Neben routinemässigen Kontrollen auf Schädlingsbefall und einigen anstehenden kosmetischen Pflegemassnahmen muss allerdings die technische Ausstattung der Schaukästen in den kommenden Jahren umfassend erneuert werden.

Am 14. September 2024 findet der Nationale Tag der Bürgergemeinden und Korporationen statt. Im Naturhistorischen Museum Bern werden Führungen zu Bernard von Wattenwyl stattfinden.

Weitere Informationen.

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