Damit tote Knochen länger leben
TEXT: PASCAL MATHIS / HAUPTBILD: LISA SCHÄUBLIN
Auf den ersten Blick sieht die Maschine irgendwie wie ein Geschirrspüler aus. Oder wie ein Backofen. Nur viel grösser. Die Vielzahl an Pumpen, Filteranlagen und Schläuchen daneben macht letztlich definitiv klar, dass es sich um etwas ganz anders handelt. Präparator Martin Troxler lacht: «Willkommen bei unserem Ungetüm». Willkommen bei der Knochenentfettungsanlage im Naturhistorischen Museum Bern.
Kombination von mehreren Techniken
Knochen von toten Tieren sind auf Dauer nur haltbar, wenn ihnen das Fett entzogen wird. Für Einrichtungen wie das Naturhistorische Museum Bern ist das also sehr zentral. «Denn bleibt das Fett drin, zersetzt es über längere Zeit das Kalzium in den Knochen», erklärt Martin Troxler. Die Folge: Schädel oder Skelette würden porös und brüchig, wichtige Exponate zerfallen.
Entfettet werden Knochen schon seit rund einem Jahrhundert. Nur anders. Im Spiel sind immer Lösungsmittel, womit die Skelettteile beispielsweise benebelt, gebadet oder damit besprüht werden. Die Anlage, die im Berner Kirchenfeld seit gut einem Jahr im Einsatz steht, kombiniert jedoch erstmals gleich mehrere Techniken. Weltweit einmalig und eigens fürs Naturhistorische Museum entwickelt: «Das Fett wird mit Dampf entzogen, aber auch durch Bespritzen von Lösungsmitteln, und das alles unter speziellen Druckverhältnissen», erklärt Troxler, der eng an der Entwicklung mitgearbeitet hat, das Kombigerät.
Zehnmal effizienteres Entfetten
Die Kombination dient mehrfach: Die Knochen werden viel besser vom Fett befreit – und erst noch deutlich schneller. «Die Anlage ist rund zehnmal effizienter als ihre Vorgänger.» Während es bisher rund 300 Stunden dauerte, bis eine Ladung Knochen von Fett befreit war, reichen heute 30 Stunden. Zudem ist die Kapazität grösser: «Als wir mit dem Hersteller erstmals zusammensassen, war ein Elefantenschädel die Ausgangslage», erzählt Martin Troxler. Kein Zufall, denn ein solcher Schädel sei etwa das grösste, was man sinnvollerweise entfetten müsse. Wenig erstaunlich, ist die Anlage im In- und Ausland auf Interesse gestossen. Bei Troxler und seinem Team klopfen regelmässig andere Museen und Universitäten an, um Exponate entfetten zu lassen.
Für Präparator Troxler ist «seine» Anlage ein Segen. Er schaut in dessen geöffnete Klappe und schwärmt: «Ein riesiges Privileg, mit einem solch exklusiven Prototypen arbeiten zu dürfen.» Und ein sicheres dazu, da er nicht mehr wie früher mit Schutzanzug Kanister voll mit Lösungsmitteln herumtragen muss. In die Hand nehmen muss er nur noch das, was er entfetten will. Wie beispielsweise ein Hundeschädel, der nach der Prozedur für rund 200 Jahre erhalten bleibt.