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Streaming ersetzt kein Live-Erlebnis

19.04.2021

Kaum hatte das Casino Bern im Herbst 2019 eröffnet und mit ersten hauseigenen Produktionen kulturelle Glanzlichter setzen können, brachte Corona ein halbes Jahr später den ganzen Betrieb zum Erliegen. Die Hoffnung auf eine Wiederaufnahme des Kulturbetriebs zerschlug sich wegen der zweiten Welle im Herbst 2020 erneut. Wir haben Nik Leuenberger, den Kulturverantwortlichen des Hauses, zu seiner Arbeit in schwierigen Zeiten befragt.

TEXT: MARTIN GRASSL; BILD: ZVG

MEDAILLON: Was ging Ihnen damals beim ersten Lockdown durch den Kopf? Und hätten Sie gedacht, dass die Lichter im Haus ein ganzes Jahr später noch immer gelöscht sein würden?
NIK LEUENBERGER: Natürlich war zuerst die Hoffnung, dass dies schnell vorbeigeht. Wir veranstalteten damals kurz zuvor noch das «Apples & Olives»-Festival oder die Premiere von «Les Trois Suisses», ohne Maskenpflicht nota bene. Die harten Massnahmen danach waren aber nachvollziehbar, und wir haben bis Ende Saison alle Vorstellungen in der Hoffnung abgesagt, im Herbst wieder loslegen zu können. Im Juni hatten wir sogar in einem Anflug von Euphorie ein Comedy-Festival unter anderem mit Hazel Brugger und Patti Basler organisiert und nannten es «Aerosol – Lachen ist ansteckend». Dank konsequenter Berücksichtigung aller Vorschriften ging jenes auch problemlos über die Bühne.

Allein in Europa steht fast der gesamte Kulturbetrieb nun schon ein ganzes Jahr lang weitgehend still. Wie wichtig ist Kultur überhaupt, hat sich ihr Stellenwert aus Ihrer Sicht als Kulturverantwortlicher im Casino gewandelt?
Die Frage frustriert und motiviert zugleich. Einerseits hört man überall, wie sehr Live-Kulturveranstaltungen vermisst werden, andererseits geraten Kulturerlebnisse an sich derart rasch in Vergessenheit, dass ihre Wichtigkeit viel schneller in Frage gestellt wird als vorher. Zu beobachten ist dies in der Politik, aber auch bei wirtschaftlichen Entscheidungen. Es bedarf eines enormen Lobbyings, um den Menschen die Wichtigkeit und den Stellenwert von Kultur in Erinnerung zu rufen.

Abgesehen etwa von Netflix, Musikstreaming oder dem Büchermarkt, wurden Spielstätten wie das Casino, die vom Live-Erlebnis auf der Bühne leben, von Corona hart getroffen. War das Ausweichen auf Streaming- Projekte im Casino jemals ein Thema, oder hat der lang andauernde Ausnahmezustand andere Veranstaltungsideen reifen lassen?
Wir haben zu Beginn einige Streamingkonzerte angeregt. Für eine qualitativ zufriedenstellende Weiterführung fehlten uns jedoch die Mittel. Dazu gab es relativ schnell viele derartige Angebote, und Streaming ist beim besten Willen nie dasselbe wie das Live-Erlebnis. Der Betriebsunterbruch im Casino war zudem konsequent: Es galt und gilt, unsere begrenzten Budgets nicht mit unwirtschaftlichen, wenn auch kreativen Ideen, zu strapazieren. Wir konzentrierten uns in der Zwangspause darauf, Prozesse zu optimieren und zwingende Verbesserungen anzupacken.

Wie schon angetönt, sind auch andere Spielstätten von Corona betroffen. Stehen Sie im Austausch mit anderen Akteuren, und wessen Umgang mit der aktuellen Situation dient Ihnen da als Inspiration?
Wir hatten immer engen Kontakt mit dem Berner Symphonieorchester BSO sowie all unseren anderen externen Veranstaltern, etwa dem Meisterzyklus, Migros-Kulturprozent Classics oder der Camerata Bern. Ich fand beispielsweise die unablässige Energie und Motivation des Teams der Mühle Hunziken mit ihren laufend neuen Ideen wie den kochenden Künstlern toll. Als ebenso inspirierend empfinde ich die unermüdliche Suche von Künstlern wie Patricia Kopatchinskaja oder Stephan Eicher nach kompatiblen Auftrittsformaten.

Das Casino hat im ersten Quartal eine Reorganisation beschlossen, unter anderem sollen im kulturellen Bereich vermehrt Koproduktionen realisiert werden. Was heisst das konkret für das Publikum?
Diese Entwicklung hatte sich bereits nach der Eröffnung abgezeichnet. Vor allem grössere Projekte können wir von unseren Ressourcen her nicht allein stemmen, wie beispielsweise die Ko-Produktion «Über ds Chrüz» zusammen mit dem BSO und Lo & Leduc, dank der wir mit vereinten Kräften drei tolle Konzerte auf die Bühne bringen konnten. Aber auch kleinere Produktionen werden vermehrt zusammen mit Partnern umgesetzt. Das Publikum wird nicht viel davon merken, wohl aber davon profitieren können.

Wo soll das Casino in einem Jahr, im Mai 2022, stehen, welches ist da Ihr Wunsch als Kulturverantwortlicher des Hauses?
Wir haben unseren Rhythmus wiedergefunden und können dort anknüpfen, wo wir im März 2020 nach unserem fulminanten Start ausgebremst wurden. «Tout Berne» geht wieder im Casino ein und aus und besucht unsere vielfältigen Veranstaltungen. Ich freue mich konkret im Mai 2022 auf die zweite Ausgabe von «Über ds Chrüz» mit dem BSO zusammen mit Philipp Fankhauser und seiner Band. Der Vorverkauf ist schon angelaufen.

Website Casino Bern

abgelegt unter: EKG, Casino Bern, Kultur

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