Verunsicherung wegen Holzfällerarbeiten ist nicht nötig
TEXT: STEFAN FLÜCKIGER UND MARTIN GRASSL; BILD: ZVG
Der burgerliche Forstbetrieb unterteilt seine Wälder in Erholungs-, Holzproduktions-, Ökologie- und Schutzwälder. In den Erholungswäldern steht die Sicherheit der Waldbesuchenden im Zentrum. Im Holzproduktionswald dreht sich alles ums Wachsen lassen und Ernten von Bäumen als Öko-Rohstoff Holz. In Ökologiewäldern etwa auf dem Gurten oder am Aareufer des Bremgartenwaldes findet keine Bewirtschaftung statt. Der meist alpine Schutzwald schliesslich dient zum Schutz von Strassen oder Gebäuden und Menschen.
Biodiversität dank Holzschlag
Wie Studien gezeigt haben, werden nicht bewirtschaftete Wälder immer dunkler und verlieren an Biodiversität. Am meisten Leben ist dort, wo auch Licht ist, meist also in bewirtschafteten Wäldern. Für lichtbedürftige Baumarten werden daher grössere Waldflächen geerntet, damit die Jungbäumchen nicht durch Schattenbaumarten verdrängt werden. Die Eichenbestände etwa gingen in den letzten Jahrzehnten merklich zurück, da für sie zu wenig Licht geschaffen wurde. Auch wenn die meisten Bevölkerungskreise nur Wald mit älteren Bäumen als solchen gelten lassen, so ist auch junger Wald vollwertig. Und Holzschlag hat notabene nichts mit Rodung zu tun, wie dies fälschlicherweise oft zum Ausdruck kommt. Denn Rodung bedeutet die dauerhafte Entlassung von Waldboden aus dem Waldareal, etwa für Bauten. Der burgerliche Forstbetrieb rodet keine Wälder.
Die Schweizer Bevölkerung verbraucht jährlich rund elf Millionen Kubikmeter Holz und Holzprodukte. Fünf Millionen Kubikmeter werden mit Schweizer Holz gedeckt. Der Rest wird importiert, auch aus Ländern, wo kein Wald mehr nachwächst und Ökosysteme dauerhaft zerstört wurden. Der nachhaltig bewirtschaftete Schweizer Wald wäre in der Lage, fast den gesamten Inlandbedarf zu decken. Ein Verzicht auf seine aktive Bewirtschaftung würde dazu führen, dass wir noch mehr Holz von irgendwoher importieren müssten und unser ökologischer Fussabdruck noch grösser würde. Die Burgergemeinde Bern darf in Ihren Wäldern jährlich 30–40 000 Kubikmeter Holz nachhaltig ernten. Das Holz eines gefällten Baumes wird für verschiedene Zwecke verwertet. Aus dem unteren Teil des Stammes werden Bretter und Balken für den Hausbau, Möbel, Parkett oder Schalungstafeln hergestellt. Der obere Teil wird durch die Holzindustrie zu Spanplatten etwa für Laminatböden verarbeitet. Das Baumende oder sehr astige und unförmige Stämme werden zu Schnitzeln für Holzheizungen gehackt.
Ältere Bäumen leiden unter der Umwelt und an Krankheiten
Der Stickstoffeintrag durch zivilisatorisch verursachte Emissionen setzt vor allem älteren Bäumen und Wäldern enorm zu, ebenso meteorologische Ereignisse wie der letzte trockene Sommer. Hinzu kommen Krankheiten, etwa das Eschentriebsterben, welche einzelne Baumarten beinahe ausrotten. Innerhalb weniger Wochen oder Monate können betroffene Bäume ihre gesamte Lebenskraft und Stabilität verlieren und zu tonnenschweren Risiken für die Waldbesucher werden. Der Forstbetrieb setzt wegen der laufend absterbenden Bäume gerade in den Stadtwäldern auf konsequente Überwachung, deshalb die auf den ersten Blick überraschenden Baumfällungen.
Heute entsteht der Wald von morgen
Jeder Wald hat seine besonderen Eigenheiten und seinen Charakter. Unter den Baumkronen des heutigen Jungwaldes werden dereinst unsere Enkel spielen. Derweil wir unseren Vorfahren dankbar sind für das Anpflanzen einstiger Jungwälder, unter deren Blätterdächern wir heute gerne verweilen. Waldbewirtschaftung heisst immer auch Investieren in die ferne Zukunft. Das Einkalkulieren des Klimawandels stellt hier eine grosse Herausforderung dar, da die heute verjüngten Wälder in 50 Jahren zwei bis vier Grad höheren Temperaturen werden standhalten müssen, was klimatisch den heutigen Wäldern am Tessiner Lago Maggiore entspricht.