TEXT: MARTIN GRASSL; BILD: ZVG
MEDAILLON: Das Hörfestival SONOHR findet nun zum zwölften Mal statt. Was gab den Ausschlag zur Gründung der Veranstaltung im Jahr 2011?
LUCIA VASELLA: Wir hatten damals zu viert gerade ein Hörspiel produziert, das im Radio ausgestrahlt wurde. Angesichts des mit der Produktion verbundenen grossen Aufwands wurde uns bewusst, dass hierzulande eine Plattform für Audioproduktionen fehlte, um in diesem Bereich für mehr Sichtbarkeit zu sorgen. Im Ausland existierten dagegen schon derartige Festivals. Also schrieben wir einen nationalen Wettbewerb aus, ohne zu wissen, ob er auf Resonanz stossen würde. Daraufhin wurden rund 30 Projekte eingereicht, heute erreichen uns rund 60 Bewerbungen, von Podcasts bis Audiokunst.
Bilder und Bewegtbilder dominieren derzeit die digitalen Medien. Welchen Platz nehmen da Audioformate ein?
Videos sind allerdings dominant. Doch Audioformate, man denke etwa an Podcasts, haben in letzter Zeit enorm aufgeholt. Diese Welle aus den USA ist nun in Europa angekommen, gerade auch infolge von Corona. Firmen, Medienunternehmen, NGOs oder wegen der Pandemie geschlossene Theaterbetriebe produzieren alle auch Podcasts. Die Zuhörerzahlen haben markant zugenommen. Und Audios kann man unterwegs problemlos konsumieren.
Gibt es bei den Themen spürbare Trends?
Die Palette ist sehr breit. Wir haben bei den Eingaben zum diesjährigen Festival eine Zunahme von gesellschaftlichen Themen registriert. Die Vergänglichkeit des Lebens spielt derzeit gerade eine grössere Rolle. Themen wie Tod, Altern und allgemein die Pandemie liegen in der Luft.
Das Festival findet am letzten Februarwochenende statt. Vorab hat seit 10. Februar ein Pre-Festival begonnen. Sein Motto ist der Klang von Räumen, sowohl im Innen- wie Aussenbereich.
Es handelt sich dabei um zwei aussergewöhnliche Projekte. Zum einen um «Binaural Views of Switzerland» im Grand Palais am Helvetiaplatz. Die Installation zeigt atemberaubende Fotos der Schweiz aus im 19. Jahrhundert. Einige dieser Orte wurden durch binaurale Tonaufnahmen, «Stereo»-Aufnahmen mit besonderer Aufnahmetechnik, und 3D-Fotografien aktuell nochmals abgebildet. Die Besuchenden können somit zu einer klanglichen Zeitreise aufbrechen. In einer weiteren Installation, «Ich sehe, was du nicht siehst», können Erwachsene an insgesamt 14 Orten in der Stadt Bern erkunden, wie Kinder unsere Stadt wahrnehmen und dabei unsere urbanen Stadtkonzepte hinterfragen.
Lucia Vasella
Die freischaffende Journalistin und Radio-Feature-Autorin Lucia Vasella ist Mit-Gründerin des SONOHR Hörfestivals. Sie lebt und arbeitet in Bern.