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Alishah Amiri und sein langer Weg nach Bern

23.07.2021

Heute näht und flickt er Textilien im Burgerspittel – in Afghanistan führte er eine angesehene Schneiderei mit rund 15 Angestellten. Alishah Amiri erlebte auf seinem Weg in die Schweiz viel und weiss die Chance der Burgergemeinde Bern zu schätzen.

TEXT UND BILD: PATRIZIA JAEGGI

Die politische Lage zwang Alishah Amiri mit seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern zur Flucht. Er erlebte mehrere Angriffe der Taliban. Verletzungen an seiner linken Körperhälfte erinnern ihn immer wieder an die Gewalt, die seine Heimat täglich erschüttert.

Eine mehrjährige und prägende Flucht
Bevor die Familie vor sechs Jahren die Schweiz erreichte, blieben sie in der Türkei. Bereits dort arbeitete der 50-Jährige in einer grossen Schneiderei. Man merkt sofort, Alishah ist ein tüchtiger Mann. Sein Arbeitswille ist so stark, dass er sogar während seiner Flucht Arbeit suchte und sich über ein paar Tage Beschäftigung freute.

Nach drei Jahren Aufenthalt in der Türkei setzte die Familie ihre Flucht fort. Mit dem Boot versuchten sie abermals über die griechische Küste ins Landesinnere zu gelangen. Immer wieder wurden sie zurückgeschickt. Erst mit einem kleineren und gut motorisierten Boot erreichten sie die griechische Küste und konnten schliesslich in Griechenland bleiben.

Zusammen mit seinem Sohn machte Alishah sich weiter auf den Weg Richtung Mitteleuropa. Seine Frau und Tochter blieben bei einer befreundeten Familie in Griechenland.

Unzählige Nächte waren Vater und Sohn unterwegs. Grösstenteils zu Fuss oder mit kleinen Bussen. Erst in Österreich konnten sie sich Zugbillette kaufen. In der Schweiz angekommen, wohnten Alishah und sein Sohn zuerst im Asylheim in Altstetten, dann in St.Gallen und schliesslich in Konolfingen. Nur zwei Monate nach ihrer Ankunft in Konolfingen reisten Alishahs Ehefrau und Tochter mit dem Flugzeug nach.

Neue Chancen in der Schweiz und bei der Burgergemeinde Bern
Nach ihrer Ankunft erhielt Alishahs Ehefrau sofort einen Ausweis F und damit den Status einer vorläufig aufgenommenen Ausländerin. «Mein Sohn und ich erhielten einen negativen Entscheid.» Weil die ungarische Polizei die beiden Afghanen während ihrer Flucht identifizierten, wurde ihr Gesuch abgelehnt. Ebenso das der Tochter. Solinetz, eine Organisation aus Zürich, die sich für geflüchtete Menschen einsetzt, gab Alishah Hoffnung. Durch die Unterstützung von Solinetz erhielten Amiris eine eigene Wohnung und Alishah endlich seine Aufenthaltsbewilligung. Dadurch konnte er eine Sprachschule besuchen, Deutsch lernen und sich nach Arbeit umsehen.

Der Leiter seiner Sprachschule verhalf ihm schliesslich zur Stelle in der Mühle Schönenbühl. Schnell fand er Gefallen an der Arbeit und schätzte die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden. Dann führte eins zum anderen: Alishahs Vorgesetzte bei SORA, Christine Heller, vermittelte ihm die Stelle im Burgerspittel und seit Anfang Juni arbeitet der gelernte Schneider zusätzlich zwei Tage die Woche beim Hausdienst des Berner Generationenhauses. Mehr als fünf Arbeitstage pro Woche verbringt der Afghane also in der Burgergemeinde Bern. Besonders die Arbeit mit Nähmaschine, Faden und Nadel gefällt ihm. Durch die Burgergemeinde hat Alishah aber nicht nur Arbeit gefunden, sondern auch ein grosses und unterstützendes Umfeld gewonnen und eine neue Chance erhalten.

Eine Zukunft in der Schweiz
Besonders stolz ist Alishah auf seine Kinder. Beide haben in der Schweiz eine Lehre abgeschlossen, sein Sohn wird bald heiraten und seine Tochter zog gerade erst in eine WG in Freiburg. Vor vier Jahren erhielt die Familie noch einmal Zuwachs – Amiris bekamen eine weitere Tochter.

Seine Zukunft sieht er in der Schweiz. «Hier habe ich keine Angst mehr und bin so sicher, wie es in Afghanistan noch lange nicht sein wird.» Alishah ist ein sehr hilfsbereiter Mensch, er geniesst es alten Leuten auf der Strasse zu helfen und könnte sich vorstellen, auch in der Burgergemeinde eine Tätigkeit in der Pflege auszuführen.

abgelegt unter: Der Burgerspittel

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